Direkt zum Inhalt

Mehr als Marzipan: Mandeln als Motor für Food-Innovation

In Deutschland verbinden viele Mandeln vor allem mit Weihnachtsplätzchen oder Marzipan - und damit oft an eine saisonale, süße Zutat.

29/8/2025

All-Star Almond Bar

Doch dieses Bild ist veraltet. Mandeln sind längst nicht nur eine Zutat für Süßwaren – sie sind ein hochpotentes functional food ingredient, das die nächste Generation gesunder, nachhaltiger und innovativer Produkte voranbringen kann.

Dieser Beitrag zeigt nicht nur, warum Mandeln ernährungsphysiologisch relevant sind, sondern auch, wie Start-ups und Unternehmen weltweit sie nutzen, um pflanzliche Alternativen, cleane Snacks und zirkuläre Produktlösungen zu entwickeln -  von Käse aus fermentierten Mandeln bis hin zu Textilfasern aus Schalenresten.

Perfect Almond Snack Bar

Von der Nuss zur funktionalen Zutat

Mandeln sind ernährungsphysiologisch ein echtes Kraftpaket:

  • 6 g pflanzliches Protein pro 30 g Portion
  • 4 g Ballaststoffe
  • 13 g ungesättigte Fettsäuren
  • 15 essenzielle Nährstoffe, darunter Magnesium, Kalium und Vitamin E 

Diese Kombination macht sie zu einem idealen Baustein für Health-, Performance- und Clean-Label-Produkte, vom Proteinriegel über pflanzliche Milchalternativen bis hin zu innovativen fermentierten Lebensmitteln.

Wissenschaftlich belegt: Gut fürs Herz, Gewicht und Mikrobiom

Eine neue internationale Konsensstudie, veröffentlicht in Current Developments in Nutrition, zeigt: Der tägliche Verzehr von Mandeln kann das LDL-Cholesterin um etwa 5 % senken, den Blutdruck leicht verbessern und das Mikrobiom positiv beeinflussen – ohne Gewichtszunahme, selbst bei höherem Konsum (≥ 50 g/Tag).

Die Forschenden beobachteten zudem eine gesteigerte Produktion kurzkettiger Fettsäuren wie Butyrat, die für eine gesunde Darmflora wichtig sind und sich sowohl auf die körperliche als auch auf die mentale Gesundheit auswirken können (Drewnowski et al., 2024).

„Mandeln bringen ein starkes Nährstoffpaket mit nachgewiesenen Vorteilen für Herz und Stoffwechsel mit“, so Dr. Adam Drewnowski, Professor für Epidemiologie an der University of Washington.

Almonds

Einsatzbereiche: Von Riegeln bis Alt-Dairy

Mandeln sind echte Allrounder und lassen sich in vielen Kategorien moderner Lebensmittel einsetzen - für Produktentwicklerinnen und Produktentwickler eröffnen sich somit zahlreiche Anwendungen:

  • Snacks & Riegel: Durch ihr Nährstoffprofil sorgen Mandeln für langanhaltende Sättigung, ideal für unterwegs. Das US-Unternehmen South 40 Snacks hat knusprige, clean-label Mandelriegel entwickelt, ganz ohne künstliche Zusatzstoffe oder Industriezucker. Auch die britische Food-Unternehmerin Deliciously Ella setzt in ihren beliebten Snackriegeln auf Mandeln als Hauptzutat.

  • Pflanzliche Milch- & Käsealternativen: Dank ihres milden Geschmacks und Clean-Label-Potenzials sind Mandeln die Basis zahlreicher Milch- und Käsealternativen. Das deutsche Startup Mondarella kombiniert Mandeln mit Fermentationsprozessen, um pflanzliche Käsealternativen herzustellen, die in Geschmack und Textur an klassische Sorten erinnern. Dreamfarm und Fattoria della Mandorla (Italien) bieten Mozzarella- bzw. Pecorino-Alternativen aus Mandeln mit kurzer Zutatenliste an – ein Beispiel dafür, wie pflanzliche Produkte geschmacklich und optisch an traditionelle Klassiker annähern.

  • Zirkuläre Innovationen & Upcycling: Mandeln stehen beispielhaft für neue Wege in der Kreislaufwirtschaft: Nebenprodukte wie Schalen, Hüllen oder Holz werden etwa bei RE-NUT (Schweiz) und BioPowder (Spanien) zur Herstellung von Nusmusen, Ballaststoffkonzentraten, Upcycling-Drinks, nachhaltigen Textilien oder Biokunststoffen verwendet. The Hurd Co. (USA) nutzt Holzreste aus dem Mandelanbau für biobasierte Textilfasern („agrilose“).
almond milk cheese

Nachhaltigkeit trifft Innovationskraft

Ein häufiger Kritikpunkt bei Mandeln ist ihr Wasserverbrauch: In Kalifornien, der Hauptanbauregion, hat die Branche den Einsatz durch Mikro- und Tröpfchenbewässerung in den letzten 20 Jahren um 33 % gesenkt.1

Mandeln punkten gleich doppelt: Sie haben eine lange Haltbarkeit (bis zu zwei Jahre) und lassen sich vollständig verwerten – von der Nuss bis zu den Nebenprodukten.

Allein in der EU wird der Wert ungenutzter Lebensmittelströme auf über 132 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt (Word Ressources Institute, 2013, Europäische Kommission 2024).

Eine aktuelle Studie von Lacivita et al. (2024) belegt, dass das Upcycling von Mandel-Nebenprodukten erheblich zur Kreislaufwirtschaft und Vermeidung von Lebensmittelabfall beiträgt.

Das Startup RE-NUT aus der Schweiz zeigt, wie Nebenprodukte aus der Nussverarbeitung in hochwertige Zutaten verwandelt werden. Sie haben eine innovative Technologie entwickelt, mit der sich die Nussschalen (z.B. von Mandeln) in Nussmuse und andere Produktformate, wie Ballaststoffpulver für die Lebensmittelindustrie verarbeiten lassen. 

Ein weiteres Beispiel liefert das US-Startup Renewal Mill, das Nebenströme aus der Produktion pflanzlicher Milch – etwa Okara aus Soja oder Rückstände aus der Mandelverarbeitung – zu Mehl und Backzutaten upcycelt und damit Zutaten für neue Waren wie Backmischungen oder veganen Kaffeeersatz schafft

Damit greifen solche Unternehmen einen zentralen Trend auf: Laut DCMN Brand Tracker 2023 interessieren sich 62 % der deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher für Lebensmittel aus Nebenströmen – ein klares Signal an Produzenten und Marken, das Potenzial ungenutzter Rohstoffe zu erschließen.

Whole almonds on tree

Fazit

Mandeln sind kein Nischenprodukt – sie sind ein echtes functional food ingredient. Sie vereinen ein starkes Nährstoffprofil mit vielseitigen Verarbeitungseigenschaften. Damit eröffnen sie Produktentwicklerinnen und Produktentwicklern von Startups oder etablierten Unternehmen unzählige Möglichkeiten, funktionale, clean-label und kreislauforientierte Produkte zu gestalten.

Die Beispiele im Beitrag zeigen: Sowohl die Nuss selbst als auch ihre Nebenprodukte können Innovationen in verschiedensten Kategorien antreiben – von Health-Snacks über pflanzliche Alternativen bis hin zu zirkulären Produktlösungen.

Quellen:

Drewnowski, A. et al. (2024). Current Developments in Nutritionhttps://cdn.nutrition.org/article/S2475-2991(24)02450-8/fulltext

Lacivita, V. et al. (2024). Journal of Agriculture and Food Researchhttps://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2666154324001807

Almond Board of California (2018). Almond Living Magazine – Going High Tech for Water Savinghttps://www.almonds.com/why-almonds/almond-living-magazine/going-high-tech-water-saving

Ritchie, H. (2022). Our World in Data – Environmental Impact of Milkshttps://ourworldindata.org/environmental-impact-milks

Willett, W. et al. (2023). Dairy and Plant-Based Milks: Implications for Nutrition and Planetary HealthScienceDirecthttps://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10504201/

DCMN (2023). Food Upcycling in Germany: First-Hand Consumer Insightshttps://blog.dcmn.com/food-upcycling-in-germany-first-hand-consumer-insights/#:~:text=Nearly%20half%20of%20German%20consumers,35%20compared%20to%20their%20counterparts

World Resources Institute (2013). Reducing Food Loss and Wastehttps://www.wri.org/research/reducing-food-loss-and-waste

European Commission (2024). Food Waste – European Commission – Food Safetyhttps://food.ec.europa.eu/food-safety/food-waste_en

Belege für Startup-Beispiele

  1. University of California, 2010. Food and Agriculture Organization of the United Nations, 2012. Almond Board of California, 1990-94, 2000-14.